Der klinische Verlauf der Erkrankung kann darüber hinwegtäuschen, dass die MS eine progressive Erkrankung von Anfang an ist. Auch ohne erkennbare Schübe oder sichtbare Symptome kann bei MS-Patient:innen eine Krankheitsaktivität vorhanden sein, die zu irreversiblen Beeinträchtigungen führt.
Paradigmenwechsel in der MS
Lange wurden die schubförmige und die primär progrediente Verlaufsform als verschiedene Phänotypen der MS betrachtet. In den letzten Jahren zeigten Forschungsarbeiten jedoch klinische sowie histopathologische Gemeinsamkeiten in den progredienten Anteilen der Verlaufsformen auf, so Prof. Tackenberg.
Drei klinische Deskriptoren können den Erkrankungsverlauf bei MS beschreiben:
- Schub mit vollständiger Erholung
- Schubabhängige Progression (relapse-associated worsening, RAW)
- Progression unabhängig von Schubaktivität (progression independent of relapse activity, PIRA)
Schübe sind bei einem Großteil der MS-Patient:innen zu Beginn die wesentliche klinische Erscheinungsform. Die Progredienz zeigt sich jedoch bereits in sehr frühen Phasen der MS. Sowohl RAW als auch PIRA können zur Zunahme der Behinderung beitragen. Im späteren Verlauf geht die MS bei vielen Patient:innen in die progrediente Form über. Heute geht die Wissenschaft bei den MS-Verlaufsformen von einem Kontinuum der MS aus, so Prof. Tackenberg.
Was lernen wir daraus?
Bereits in der Phase von sichtbaren Läsionen ist eine Progression nachweisbar, die die Patient:innen zwar nicht unbedingt bemerken, die aber die Reservekapazität des zentralen Nervensystems von Anfang an erheblich beeinträchtigen kann. Das wirft ein neues Licht auf pathophysiologische Prozesse im Gehirn und Rückenmark – und sollte hinsichtlich früher Therapie der MS zu denken geben, so Prof. Tackenberg.
Erfahren Sie weitere Hintergründe im Video des Vortrags:
Mehr Informationen für Ihre Patient:innen zum Thema finden Sie in der trotz ms WISSEN KOMPAKT Ausgabe „Krankheitsprogression”, die Sie hier herunterladen können.